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EU-Parlament gibt grünes Licht für neues Gesetz

Am 27. Februar 2024 hat das Europäische Parlament den umstrittenen Gesetzesentwurf zur Renaturierung geschädigter Ökosysteme angenommen. Was bedeutet die Entscheidung?

Quelle: S. Schröder

Zuvor haben, anders als erwartet, 329 der 628 Abgeordneten mit Ja und 275 mit Nein gestimmt. Das Ergebnis sorgte für Aufatmung und Beifall, obwohl der Entwurf im vergangenen Jahr kontrovers diskutiert wurde. Dies lag unter anderem an Bedenken hinsichtlich der Durchsetzbarkeit und Erreichbarkeit der Ziele, der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen und der finanziellen Unterstützung der Mitgliedsstaaten.

Was ändert sich durch das Gesetz?

Das neue Gesetz verpflichtet die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union dazu, konkrete Maßnahmen zur Wiederherstellung und Verbesserung von geschädigten Ökosystemen zu ergreifen. Diese gelten damit für landwirtschaftliche Flächen und Wälder bis hin zu städtischen Gebieten, Flüssen und Meereslebensräumen.

Konkret sollen bis 2030 mindestens 20 % der Land- und Meeresflächen der EU und bis 2050 alle geschädigten Ökosysteme, die einer Wiederherstellung bedürfen, renaturiert werden. Die Ökosysteme die diese Vorgaben betreffen stammen aus dem europäischen ökologischen Netz besonderer Schutzgebiete („Natura 2000“). Mit den Zielvorgaben soll eine langfristige und nachhaltige Erholung biodiverser und widerstandsfähiger Ökosysteme gelingen, die Klimaschutzziele erreicht werden und die Ernährungssicherheit verbessert werden.

Die Wiederherstellung der Natur und der Kampf gegen den Verlust der biologischen Vielfalt gewinnt in Zeiten zunehmender Umweltprobleme und des Klimawandels immer mehr an Bedeutung. Durch die Zerstörung von Lebensräumen, den Einsatz von Pestiziden und die Klimaveränderungen sind viele Ökosysteme in Europa stark geschädigt. Das neue Gesetz setzt hier an.

Bedeutung für Deutschland und den Landwirtschaftssektor

Ein zentraler Bestandteil des Gesetzes ist die Entwicklung von nationalen Wiederherstellungssplänen. Auch für die Agrarökosysteme gilt es Maßnahmen umzusetzen, die die biologische Vielfalt verbessern und sich langfristig auch positiv auf die landwirtschaftlichen Erträge auswirken. Um die Wirkung der Maßnahmen messen zu können, werden verschiedene für die Landwirtschaft relevante Indikatoren herangezogen, über die Deutschland in diesem Zusammenhang fortan berichten muss. Ziel ist es einen Aufwärtstrend bei mindestens zwei der folgenden drei Indikatoren festzustellen:

  1. Index der Grünlandschmetterlinge;
  2. Vorrat an organischem Kohlenstoff in mineralischen Ackerböden;
  3. Anteil landwirtschaftlicher Flächen mit Landschaftselementen mit großer Vielfalt.

Zur Messung der Flächen mit Landschaftselementen mit großer Vielfalt wird in dem Projekt MonViA auch der qualitative Aspekt wie z. B. die Vegetationsdichte und -höhe berücksichtigt.

Zusätzlich werden bestimmte Zielvorgaben für den existierenden Index häufiger Feldvogelarten festgelegt, der als Zeiger für artenreiche Landschaften mit intakten Lebensräumen gilt sowie auch für die Wiedervernässung von entwässerten Moorböden. Jedoch wird präzisiert, dass die Wiedervernässungsziele nur für die Mitgliedsstaaten verpflichtend sind und für Landwirtinnen und Landwirte sowie private Landbesitzer weiterhin freiwillig sind. Hier sollen mithilfe von attraktiven Optionen und Beratung die entsprechenden Anreize für Landeigentümer geschaffen werden.

In Bezug auf den Landwirtschafts- und Ernährungssektor enthält das Gesetz eine Art Notbremse, die bei außergewöhnlichen Umständen zum Einsatz kommt. Sofern es „schwerwiegende Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Flächen“ gibt und die „Sicherstellung einer ausreichenden landwirtschaftlichen Produktion für den Lebensmittelverbrauch in der EU“ bedroht ist, können die oben genannten Maßnahmen für Agrarökosysteme für maximal ein Jahr ausgesetzt werden.

Auch für die deutschen Wälder gilt es entsprechende Maßnahmen umzusetzen und zu berichten. Hier erfolgt ein Nachweis über die Verbesserung der biologischen Vielfalt beispielsweise anhand der Indikatoren „Anteil der Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten“, oder „Vielfalt der Baumarten“.

Ausblick

Bis zum Inkrafttreten des Gesetzes muss es im letzten Schritt noch vom Europäischen Rat angenommen werden. Insgesamt setzt die EU mit der Verabschiedung jetzt schon ein klares Zeichen zum Schutz der Umwelt und der Erhaltung von natürlichen Ressourcen. Ebenfalls ist das Gesetz ein weiterer wichtiger Baustein zur Umsetzung der Ziele der EU-Biodiversitätsstrategie für 2030 und damit des Green Deals sowie auch der internationalen Ziele des globalen Biodiversitätsrahmens der CBD. Bei der Umsetzung des nationalen Wiederherstellungsplans ist es jedoch essentiell darauf zu achten, dass produktionsintegrierte Lösungen für die Land- und Forstwirtschaft gefunden werden, um ein rentables Wirtschaften zu gewährleisten.

Weitere Informationen:

Pressemeldung des BMEL und Pressemitteilung des Europäischen Parlaments.